Freitag, 28. Oktober 2011

Nicole C. Vossler - Sterne über Sansibar



Inhalt:

Die Luft erfüllt vom Duft der Blüten und Gewürze, endlose Tage in herrlichen Gärten und prunkvollen Gemächern, umsorgt und geliebt von der Familie - Salimas Leben könnte schöner nicht sein. Doch die unbeschwerten Jahre der Tochter des Sultans von Sansibar finden ein jähes Ende, als sie dem deutschen Kaufmann Heinrich begegnet. Die beiden verlieben sich, und schon bald wird die junge Frau schwanger. Für eine muslimische Prinzessin ist ein uneheliches Kind undenkbar, einen Ungläubigen zu heiraten kommt allerdings auch nicht infrage. So bleibt als Ausweg nur die Flucht nach Hamburg, in Heinrichs Heimat. Doch was erwartet Salima in dem kalten, fremden Land?

(amazon)

Meine Meinung:

Auf dieses Buch bin ich (wieder einmal) durch leserunden.de gestoßen. Anders hätte ich mich wohl nie dafür interessiert, denn Cover und Titel hätten mich Reißaus nehmen lassen. Zwar ist das Cover wunderschön, lässt aber eher auf einen Schnulzroman schließen, was außer zu besonderen Anlässen nicht gerade mein Lieblingsgenre ist.

Zum Glück habe ich mir den Klappentext durchgelesen, denn der lässt schon eher auf einen gut recherchierten historischen Roman schließen. Und für starke Frauenrollen kann man mich ja immer begeistern.

Und Salima war wirklich eine beeindruckende Persönlichkeit. Aufgewachsen als eine Prinzessin von Sansibar in Luxus und umgeben von ihrer Großfamilie, muss sie nach und nach alles aufgeben, was ihr wichtig ist und teilweise selbstverständlich vorkam.

Was ich vorher nicht wusste war, dass Nicole als Vorlage unter anderem Salimas eigene Aufzeichnungen dienten. Das hat mich sehr beeindruckt, da die Geschichte dadurch noch einmal an Dramatik gewann. Es war nicht mehr einfach nur eine spannende Geschichte über eine historische Persönlichkeit, sondern vielmehr ein Portrait einer realen Frau. Und diese Frau hat es im Leben wirklich nicht leicht gehabt. Das lag zum einen an den wirklich tragischen Schicksalsschlägen, die sie ereilten, zum anderen aber wohl auch an ihrer Persönlichkeit, denn ihre Sturheit und Verbissenheit, die sie anfangs noch ihren Träumen näher bringt, entwickelt sich nicht gerade zu ihrem Vorteil.

Ich kann eigentlich gar nicht beschreiben, wie sehr mich dieses Buch berührt hat. Mehr als einmal musste ich zum Taschentuch greifen, was ich sonst wirklich nur sehr selten tue. Da ich selbst schon einmal in einer ähnlichen Situation war, kann ich mir sehr gut vorstellen, wie es für Salima, später Emily Ruete, gewesen sein muss, in einem fremden Land mit einer vollkommen fremden Kultur ein neues Leben anzufangen – alles andere als leicht.

Neben Salima und Heinrich gibt es im Buch noch viele andere Charaktere, die meisten von ihnen ebenfalls Personen, die tatsächlich gelebt haben. Und alle, eingeschlossen die Nebencharaktere, sind so wunderbar dreidimensional und lebendig beschrieben, dass ich sie förmlich vor mir sehen konnte. Eines meiner vielen Highlights im Buch war ein Gespräch zwischen einem gewissen Dr. Seward und seiner Frau Emily, die Salima zur Flucht verholfen hat…

Abgesehen von dieser Geschichte wie aus einem Märchen, hat mich Nicoles Schreibstil wirklich mitgerissen. Diejenigen, die meine anderen Rezensionen kennen, wissen, dass ich darauf mindestens genauso großen Wert lege wie auf die Handlung an sich. Wenn mir der Schreibstil nicht gefällt, dann kann das Buch noch so gut sein, es wird mich nicht überzeugen können. Das ist hier definitiv nicht der Fall! Beim Lesen dieses Buches sind mir Bilder von Sansibar und dem Hamburg d wie ein Film vor dem inneren Auge abgelaufen. Besonders faszinierend fand ich, dass Nicole mit ihrem Schreibstil auch noch die Geschehnisse im Buch unterstreicht. So ist die Sprache bei den Beschreibungen von Sansibars Gewürzplantagen und Palästen wesentlich blumiger als es bei denen über das graue Hamburg der Fall ist.

Bei der Leserunde gab es natürlich von Nicole noch jede Menge Hintergrundinformationen, die aber auch jederzeit auf ihrer Homepage nachzulesen sind. Besonders beeindruckt hat mich ihr selbst gezeichneter Stammbaum der Sultansfamilie. Oft habe ich mich beim Lesen gefragt, wie es wohl sein muss so viele Geschwister und Halbgeschwister zu haben, dass man einige gar nicht kennen lernt. Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Sterne über Sansibar ist ein ausgezeichnet recherchierter Roman über Heimweh, Liebe, Verlust, Verzweiflung, noch einmal Heimweh und eine faszinierende Frau als Protagonistin. Ich bin begeistert!


Bewertung: